Mentale Power und Muskelkraft
Zwischen Talent und Technik, Training und Ernstkampf. Claudio Schmid und Pascal Schmuki haben ihre Leidenschaft im Unihockey gefunden. Ein «Full-Time-Hobby», das in seiner Intensität und Hingabe den grossen Profisportarten in nichts nachsteht, obwohl es nicht denselben Ruhm verspricht. Was treibt die UHC Uster-Stars und Schweizer Nationalspieler an, in den harten Alltag des Spitzensports einzutauchen?

Kurz vor Anpfiff – was geht in euch vor?
Claudio Schmid: Kurz vorher spüre ich eine Mischung aus Spannung und Vorfreude. Aber das hängt auch stark vom Spiel ab. Bei normalen Saisonspielen bin ich inzwischen viel entspannter, Pascal ist der Ruhepol in unserem Block – das hilft auch mir. Früher war ich nämlich immer sehr nervös.
Pascal Schmuki: Ich bin vor einem Spiel tatsächlich nie nervös, höchstens etwas angespannt und natürlich fokussiert. Nach dem Spiel hängt meine Gefühlslage stark vom Resultat ab. Eine bittere Niederlage kann mich schon sehr ärgern, obwohl ich das selten nach aussen zeige. Wenn die Gegner besser waren, kann ich es leichter akzeptieren.
War für euch immer klar, dass ihr Unihockey spielen wollt?
CS: Ich spiele seit frühester Kindheit Unihockey, da mein Vater und weitere Verwandte seit Jahrzehnten beim UHC Uster tätig sind. Mit vier oder fünf Jahren habe ich damit angefangen und zwischenzeitlich auch mal Fussball gespielt und Judo ausprobiert. Irgendwann habe ich nur noch auf Unihockey gesetzt – weil ich da am besten war und es am meisten Spass machte.
PS: Genau erinnere ich mich nicht, aber ich war etwa acht oder zehn, als ich zum Unihockey kam, denn ich bin eigentlich polysportiv aufgewachsen, mit Leichtathletik, Schwimmen und Eishockey. Zum Unihockey bin ich schliesslich gelangt, weil Eishockey zu gefährlich war. Dabei bin ich zum Glück geblieben.
Unihockey ist eine schnelle, dynamische Teamsportart. Was fasziniert euch daran?
CS: Während meiner Zeit in der Spitzensport-RS habe ich intensiv über die Unterschiede zwischen Einzel- und Teamsportarten nachgedacht, weil es da viele Einzelsportler*innen gab. Für mich liegt die Faszination im Teamgeist und in der Dynamik des Spiels. Unihockey bietet einen aufregenden Mix aus Schnelligkeit, Körperkontakt und Unberechenbarkeit.
PS: Bei mir ist es ähnlich. Ich bin ehrgeizig und habe schnell gemerkt, dass ich im Unihockey besser bin als andere – das hat mich motiviert. Im Schwimmen und in der Leichtathletik war ich eher mittelmässig. Aber wenn man gewinnen will und zu den Besseren gehört, macht es einfach mehr Spass.

Wie viel Zeit steckt ihr in den Sport?
PS: Wir trainieren jeden Abend im Team, ausser donnerstags. Dazu kommen zwei Morgentrainings. Mit einmal Kraft-, zweimal Technik- und dreimal Mannschaftstraining bleibt während der Saison nicht wahnsinnig viel Freizeit übrig.
CS: Ab und zu drehe ich noch eine lockere Joggingrunde. Das ist dann aber eher regenerativ und auch nicht fix eingeplant. In der Off-Season siehts anders aus und im Sommer bin ich dann auch gerne mal mit dem Rennvelo unterwegs.
Talent, Technik, Training – was ist die perfekte Mischung?
PS: Alles sind wichtige Faktoren. Spielintelligenz, also ein Verständnis fürs Spiel zu haben, ist entscheidend – und das ist schwierig zu trainieren. Ich war nicht unbedingt der talentierteste Spieler bei den Junioren, aber einige sehr gute Spieler haben es nicht weitergebracht, weil sie nicht ausreichend trainiert haben oder mental und körperlich nicht bereit waren.
CS: Genau, Talent allein reicht nicht, man muss auch hart daran arbeiten und die richtige Einstellung haben. Ohne Motivation bleibt der Erfolg aus. Ich komme pro Match auf etwa 11’000 bis 12’000 Schritte, manchmal sogar mehr.
PS: Als Verteidiger mache ich definitiv weniger Schritte als Claudio als Stürmer. Das hängt stark von der Position ab. (lacht) CS: Klar. Während einer Pause in der Garderobe bemerke ich oft, dass ich total ausser Atem bin, während Pascal noch relativ entspannt wirkt. Und wir spielen im gleichen Block, das heisst die Spielsituationen sind dieselben.

Würdet ihr die Position miteinander tauschen wollen?
CS: Heute ja – weil die Verteidiger viel offensiver sind. Aber ich fand es schon als Kind cool, Tore zu schiessen. Ich weiss noch, dass mein Vater meinte, ich sei noch zu langsam dafür. Flügel müssten schnell sein, sagte er. Dann habe ich Gas gegeben, zwischenzeitlich mal Center gespielt, aber ziemlich bald sehr konstant Flügel. Ein Positionswechsel wäre interessant – darüber sprechen wir auch im Team.
PS: Ich war nicht immer Verteidiger, sondern habe früher auch immer vorne gespielt – also als Stürmer angefangen. Um ehrlich zu sein, wollte ich zuerst gar nicht Verteidiger sein.
Liegt es daran, dass Verteidiger nicht den gleichen Applaus wie Stürmer erhalten?
PS: Das hat sich mittlerweile gewandelt – früher blieben die Verteidiger meist hinten, während die Stürmer die Tore schossen. Heute sind die Verteidiger viel offensiver und spielen vorne eine entscheidende Rolle.
Was macht einen starken Verteidiger und einen Top-Stürmer aus?
PS: Ich denke, ich kann die Frage besser über Claudio beantworten. Denn ich weiss ja, gegen welche Art von Stürmer ich es mühsam finde zu verteidigen und mit welchen Flügeln ich gerne zusammenspiele. Aus meiner Sicht muss ein guter Stürmer den Ball in der Offensivzone halten und Abschlussstärke beweisen. Da er nicht sieht, was hinter ihm passiert, ist meine Kommunikation als Verteidiger entscheidend. Ich habe den Überblick über das Spielgeschehen, muss Räume lesen und Ruhe am Ball ausstrahlen.
CS: Es ist hilfreich, die Perspektive zu wechseln und die Herausforderungen der anderen Position zu verstehen. Kommunikation ist, wie Pascal sagte, das A und O. Ein zuverlässiger Verteidiger, der Zweikämpfe gewinnt, ist enorm wertvoll. Gleichzeitig müssen sie die Möglichkeiten erkennen, nach vorne zu spielen, und bereit sein, mutige Pässe zu spielen. Fürs Offensivspiel ist es natürlich super, wenn sich die Verteidiger einbringen, dass man vorne zu viert oder fünft ist.
Pascal, du hast mal über Claudio gesagt «Lieber mit ihm im Team als gegen ihn».
PS: Claudio ist extrem lästig als Gegner, weil er aufsässig, sehr schnell und wendig ist. Er spielt frech und beweist Cleverness. Dazu kommt, dass wir eine gute Verbindung haben, auch neben dem Spiel. Das kommt uns auf dem Feld zugute.
Claudio, Pascal ist eines der grössten Talente der Schweiz – was denkst du über seine Entwicklung?
CS: Es ist beeindruckend, was ich bei ihm seit der U16 beobachtet habe. Er gehört zu den besten Verteidigern der Schweiz. Seine Ruhe und seine Fähigkeit, unter Druck zu agieren, sind faszinierend. Gegner haben keine Chance bei ihm.

Unihockey ist zeitintensiv, aber im Gegensatz zum Eishockey gibt es keine Profiliga und damit keine finanziellen Anreize.
CS: Ganz ehrlich? Mein Traum wäre es, davon leben zu können. Trotzdem hat es nie meine Entscheidung beeinflusst, dass ich weiterhin Unihockey spielen möchte. Und irgendwann wars dann auch zu spät – ich war angefixt und ehrgeizig, immer besser werden zu wollen.
PS: Ja, da hätte man die Weichen schon früher stellen müssen. Aber ich finde nicht, dass es unbedingt ein Nachteil ist, dass Unihockey keine Profisportart ist wie Eishockey oder Fussball. Wir spielen Unihockey aus Leidenschaft und nicht wegen des Geldes.
Heimspiel vs. Auswärtsspiel: Welche Unterschiede spürt ihr?
PS: Klar, die positive Energie in der eigenen Halle ist deutlich stärker. Das beeinflusst nicht direkt das Selbstvertrauen, sondern vielmehr das allgemeine Wohlbefinden und das «Daheim-Gefühl».
CS: Mir gehts ähnlich, ich bevorzuge Heimspiele. Die vertraute Umgebung, keine Reisezeit und die Atmosphäre sind entscheidend für mich.
Welche Bedeutung haben der UHC Uster und die Region für euch?
CS: Ich bin fest in Uster verwurzelt und sehe nicht vor, in naher Zukunft wegzuziehen – es ist einfach meine Heimat. Die Verbindung zum Verein ist enorm, da meine Familie von Anfang an dabei war. Ich fühle grosse Dankbarkeit für alles, was der Verein für mich getan hat.
PS: Ich komme aus Pfäffikon ZH und schätze die Stadt wegen des Sees und der Umgebung. Dort fühle ich mich zuhause. Dennoch ist meine Verbundenheit zum UHC Uster stark. Ich bin dankbar für alle Erfahrungen, die ich hier sammeln kann.
Woher kommt eure «Energie» für den Sport?
PS: Ich sammle Energie in der Natur, gehe Ski fahren oder verbringe Zeit mit Freunden und Familie, ohne ständig über Unihockey zu reden – das hilft mir abzuschalten.
CS: Bei mir ist es ein bisschen wie ein Kreislauf: Der Ehrgeiz und die Leidenschaft für den Sport geben mir Energie, die ich dann in die Trainings und Spiele reinstecke. Ich muss eher darauf achten, meine Energie rauszulassen, als sie aktiv zu suchen. (lacht)